23. Juni 2021
Narges Nikzad hat sich auf Ihrem Weg nach Deutschland und in die digitale Welt nicht beirren lassen. Die starken Frauen ihrer iranischen Familie gaben ihr Kraft – und ein Zeichentrick- Schwamm den ersten Deutschkurs.
Narges, wie bist Du zur Woman in Tech geworden?
Ich komme aus Iran und wollte mit einer Freundin vor meinem 30. Geburtstag eine Backpacking-Tour durch Europa machen. Dann dachten wir aber, warum nicht gleich gemeinsam in Deutschland studieren? Ich konnte kein Wort Deutsch, aber ich hatte den besten Lehrer, den man sich vorstellen kann: SpongeBob hat mich monatelang so gut vorbereitet, dass ich beim Deutschkurs im Goethe-Institut direkt 3 Level höher einsteigen konnte.
Trotz Grafik Design- und BWL-Studium waren meine Chancen auf dem deutschen Arbeitsmarkt erst mal mau. Aber da, wo andere die Tür zugeschlagen haben, hat Valtech mein Potenzial erkannt und mir eine Chance als Werksstudentin gegeben. Mittlerweile verantworte ich das Projekt-Management von millionenschweren Accounts.
Ich dachte immer, ich „bin analog“ gepolt, aber plötzlich hat sich mir eine ganz neue Welt eröffnet. Jetzt fühle ich mich im Digitalen zu Hause. Und das ist schließlich die Branche, wo sich alles abspielt – erst recht in Corona-Zeiten.
Was machst Du bei Valtech?
Als Projekt-Managerin schaffe ich die Verbindung zwischen unserem Team und den Kund*innen. Ich bin quasi für den Überblick zuständig: Was braucht ein Projekt in welcher Phase? Für unsere Abteilung, die Tech Craft, kümmere ich mich auch um die Besetzung der Teams. Außerdem arbeite ich international mit den anderen Valtech Standorten zusammen und bin Ansprechpartnerin bei länderübergreifenden Projekten.
Was macht Dir in deinem Job richtig Spaß?
Ich liebe es, wenn es dynamisch zugeht. In der digitalen Welt gibt es keine Grenzen für kreative Ideen, wie man in allen Lebensbereichen Dinge pimpen kann. Es gibt ständig Neues zu entdecken und zu lernen. Das hört einfach nie auf!
Da schätze ich auch die Unterstützung meiner Kolleg*innen und Mentor*innen. Sie ermöglichen es, dass ich mich nicht nur im Job, sondern auch als Person weiter entwickeln kann.
Und es ist toll zu sehen, wenn sich in einem cross-funktionalen Team, das ich aufgestellt habe und begleite, alle perfekt ergänzen. Wenn wir dann auch noch was Großartiges liefern, ist es immer ein Team-Erfolg.
Was braucht man als Frau, um in der Branche zu bestehen?
Eine Frau sollte einfach die gleichen Chancen haben, sich beweisen zu können, wie ein Mann. Als Frau – noch dazu aus dem Ausland – hatte ich bei Bewerbungen wahrscheinlich nicht die gleichen Chancen, wie ein deutscher Mann mit gleicher Qualifikation. Ich musste einige Bewerbungsgespräche absolvieren und habe so manches „Nein“ kassiert.
Und es wird dich überraschen zu hören, dass die Unterschiede zwischen Deutschland und Iran in dieser Hinsicht gar nicht so groß sind. Klar hat man es als Frau im Iran schwerer, weil Frauen nicht wie in Deutschland per Verfassung offiziell gleichgestellt sind. Aber das Ringen um Glaubwürdigkeit und Respekt erlebt frau wahrscheinlich in den meisten Ländern. Ich persönlich habe das Glück aus einer Familie zu kommen, wo die Frauen „im Lead“ waren und das gibt mir Kraft.
Was muss sich aus Deiner Sicht ändern?
Völlig unabhängig von Kultur und Hintergründen: Solange es nicht alle wollen und erlauben, wird wahre Gleichberechtigung nicht möglich. Es fängt schon mit den Vorbildern der Kinder an und zieht sich weiter durch die Medien: Wir sind umgeben von Klischee-Spielzeug, stereotypen Rollenbildern und vorgezeichneten Karriere-Wegen für Mädchen und Frauen bzw. Jungen und Männer.
Die Verbreitung und Sichtbarkeit von Inhalten sind dabei zentral. Wie viele Influencerinnen präsentieren Mode und Make-up und wie viele stehen für Wissenschaft und Technik? Wir reden von „Power Frauen“, aber wie viele kleine Mädchen kennen ein Mathe-Genie, wie Maryam Mirzakhani (einzige Gewinnerin der Fields-Medaille) und wie viele kennen dagegen Lady Gaga? Ich will nicht sagen, eine ist besser als die andere. Beide bekleiden eine für die Gesellschaft notwendige Rolle. Was ich sagen will, ist, dass es relevant ist, wie etwas präsentiert wird, wer groß dargestellt wird und welche Inhalte entsprechend viral gehen.